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AutorenbildKarla B.

Was ist wenn es wahr ist?

Aktualisiert: 17. Juli

Unsere Therapeutin fragte mich einmal was ich glaube, was passiert, wenn ich aufhören würde mit dem Leugnen der Gewalt die uns angetan wurde. Ich wusste damals nicht was ich darauf konkret erwidern sollte. Es handelte sich um ein Gefühl von: "Das darf ich nicht, dann geht die Welt unter.", aber ich konnte nicht spezifizieren wie sich das anfühlen könnte. Ich ahnte, dass es schlimm ist, ich wollte mich damit nicht wirklich auseinandersetzen. Ich hatte immer Angst davor, dass alles auf einmal über mich und auf uns insgesamt einstürzen könnte. Ich versuche das zu vermeiden wo es geht, weiß aber dennoch, dass es wichtig ist sich dem trotzdem Schrittweise anzunähern, damit es einen langfristig gesehen nicht mehr überrumpelt.


Dissoziation ist unser Schutzmechanismus Nummer 1. Sie bewahrt uns davor, dass wir alles von uns wahrnehmen und begreifen können. Das kann Fluch und Segen sein, aber bestenfalls verhindert die Dissoziation, dass alles viel zu schnell über uns und über mich hereinbricht.

Assoziation hingegen ist das Gegenteil von Dissoziation und ein Anteil ist besonders gut darin zu Assoziieren und auch zu begreifen.

Gut für uns, dass wir sie haben und sie nichts dazu fühlen kann, aber weiß, dass sie mich/uns nicht überlasten darf mit ihren Erkenntnissen.

Schlecht hingegen war, dass so eine Psychose, wir wir sie neulich hatten (Siehe auch: Akute Psychose: Einfach nur verwirrt oder in sich Logisch? Teil 1), ein Quell an übermäßigen Assoziationen darstellt und zu schnelles assoziieren unser Feind ist.


Wir wurden gegenseitig sehr plötzlich mit allen Traumathemen auf einmal Konfrontiert und unser Schutzmechanismus Nummer 1 stand uns in der Situation nur unzureichend zur Verfügung. Alles war gleichzeitig und gleichzeitig war alles. Es war so viel zu viel, dass wir Angst hatten, dass der Körper das nicht aushalten kann und unser Herz einfach aufhören würde zu schlagen.

Unsere Innere Welt lag plötzlich unvernebelt vor mir, ich sah und fühlte was Anteile fühlen und wie sie Wahrnehmen, die ich noch nie zuvor selbst Wahrgenommen hatte, von denen ich nur von unserem Mann mal gehört hatte und gleichzeitig erkannte ich, warum sie da sind. Da war kein Zweifeln mehr, kein Verleugnen, kein "Ich weiß es nicht", es war alles da und ich habe es kurz bevor wir wahnsinnig wurden ganz deutlich erkannt.


Jetzt sitze ich hier und schreibe, ich versuche mich daran zu erinnern, wie es sich in der Psychose anfühlte nicht daran zu zweifeln, was wir erlebt haben oder daran, dass es wirklich so schlimm war, dass es rechtfertigt wie wir heute sind. Daran wie es war sich, abgesehen von der stillen und starren Panik, für den einen Moment selbst zu erkennen. Es macht mir/uns Angst auf so vielen Ebenen und gleichzeitig war da etwas selbstverständliches, so als gehöre es so. Als wäre man mit jemanden zusammen den man sehr gut kennt. Es war nur in der Psychose so und ich bin dankbar, dass wir aufwachten und diese Art der Wahrnehmung wieder vorbei war, doch so wie vorher ist es auch nicht.

Ich merke, dass ich innerlich wieder verleugne und klein rede, was ich über die Gewalt weiß und vieles auch wieder im Nebel liegt, aber ich kann nicht wie sonst bei Flash Backs vergessen was ich während des "Flash Backs mit begleitender Psychose" (wie ich es nennen würde) erkannt habe. Es nagt still von innen an mir.


Ich frage mich ob ich eigentlich ganz grundlegend etwas in unserem Leben ändern müsste. Ob wir sicher sind oder ich mir das nur einrede. Ob es wirklich ok ist nicht vollständig den Kontakt zu einem Teil der Familie abzubrechen. Ob es verwerflich ist, dass ich mir insgeheim wünsche, dass es alles nicht wahr ist, nur um zu rechtfertigen, dass ich weiterhin bei dem Thema so tue als wäre nichts und es halbgar wie es ist ignoriere, um nicht zwischen die Fronten zu geraten.


Heute würde ich auf die Frage vom Anfang antworten, dass genau das es ist wovor ich immer Angst hatte. Wenn ich das alles nicht mehr in Frage stelle, wenn ich das alles weiß, wenn ich es wirklich auf allen Ebenen begreifen würde und das zu schnell passiert, weil es sich manchmal wie ein Dominoeffekt verhält, dann habe ich realistische Angst davor nicht nur Verrückt sondern Wahnsinnig zu werden. Ich habe Angst davor die Kontrolle zu verlieren, schlechte Entscheidungen zu treffen, zu sterben oder aber als Konsequenz darauf aufgeben zu müssen woran ich und ein paar andere Anteile sich immer noch verzweifelt versuchen zu klammern: Die Vorstellung eine halbwegs normale Familie ohne diese Arten von Gewalt gehabt zu haben.


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