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  • AutorenbildKarla B.

Hausarztwechsel

Aktualisiert: 8. Nov. 2023

Für morgen steht ein Hausarzt "Erstgespräch" an.

Zuvor waren wir etwas weiter auf dem Land bei einer Hausärztin, aber diese hat uns gefühlt oft nicht ernst genommen und kannte sich nicht gut mit psychischen Erkrankungen aus. Seit dann auch Anfang des Jahres unser Auto unwiederbringlich kaputt gegangen ist kommen wir zudem nur noch schlecht dort hin. Kann ja auch nicht sein, dass uns unser Mann ständig fahren muss. Der einzige Vorteil bestand in den kurzen Wartezeiten vor Ort.

Das wird sich hier in der Stadt vermutlich drastisch ändern... Mir graust es jetzt schon vor dem überfüllten Wartezimmer in denen man endlos herumsitzt und sich fragt, mit was man wohl alles nach Hause gehen wird an geschniefe und gehuste. Wartezimmer sind nicht schön für uns und Ärzte allgemein auch nicht.


In Wartezimmern ist immer so eine Atmosphäre wo niemand laut sein will, aber alles raschelt, ist unruhig und einige Menschen atmen schwer. Das macht uns wohl am meisten zu schaffen... Das Atmen und schnaufen. Wir werden uns morgen zur Sicherheit wieder Ohrenstöpsel mitnehmen und unsere Begleitung von der ambulanten Sozialpsychiatrie.

Morgen lernen wir dann auch den hoffentlich neuen Hausarzt kennen. Was wir wissen ist, dass er männlich ist und unsere ambulante Therapeutin ihn gut kennt. Außerdem ist er praktisch gelegen, sprich gut zu erreichen und er hatte, wenn auch mit 4 Monaten Wartezeit, keinen generellen Aufnahmestopp. Soweit bietet das immerhin eine Chance unseren Hausarzt zu wechseln.


Ist heutzutage ja auch nicht mehr selbstverständlich an einen Hausarzt ran zu kommen oder einen Arzt überhaupt wechseln zu können. Wo will man denn hin wenn nirgends jemand Neuaufnahmen zulässt. Und dann wo will man hin wenn man wirklich was hat und das auch noch Zeit erfordert? Wo will man hin, wenn man was hat was so wenige kennen? Wo will man hin wenn davon einige das dann nicht ernst nehmen?


Das er ein Mann ist, kann für uns ein Problem sein, muss aber nicht. Das wird von seinem Auftreten abhängen und das ist nichts, was wir jemanden zum Vorwurf machen würden, wenn es nicht passen sollte. Der Arzt kann nichts für unsere Geschichte und dafür, dass uns bestimmtes Auftreten triggert.

Was wir aber brauchen, selbst wenn das Auftreten passt, ist ein Arzt, der gewillt ist uns wirklich zuzuhören und uns ernst zu nehmen und der zumindest gewillt ist (sofern noch nicht geschehen) sich einmal mit dem Thema Traumafolgen auseinanderzusetzen.


Leider ist es keine Selbstverständlichkeit, dass Ärzte damit etwas anfangen können oder auch Wissen um die körperlichen Auswirkungen von Psychotraumatisierung besitzen. Von unser vorherigen Ärztin wurden sämtliche Symptome oft einfach mit Psychosomatik abgetan, obwohl nicht genauer geschaut wurde ob vielleicht etwas im Körper vor sich geht. Traumatisierte Menschen neigen unter anderem häufiger als andere Menschen zu Autoimmunerkrankungen. Sowas war für sie wie ausgeschlossen, ohne geschaut zu haben und das hat uns zunehmend gestört. Es war schon so, dass wir das Gefühl bekamen wir werden dort mit unseren Symptomen nicht ernst genommen.

Ich möchte einmal betonen, dass wir natürlich viele psychosomatische Symptomkomplexe haben und wir diese Diagnose auch annehmen können, wenn geschaut wurde ob da etwas körperliches ist oder nicht. Das haben wir in der Vergangenheit schon oft anerkannt, z.B. beim Reizdarm und -magen, aber da wurde auch tatsächlich nachgeschaut.


Wir werden uns überraschen lassen müssen was morgen passiert. Wir haben Begleitung dabei und werden versuchen einfach wir selbst zu sein und ausdrücklich nicht zu versuchen uns übermäßig anzupassen. Wenn es uns nicht entspricht, dann müssen wir halt weiter suchen, wir sollten aber nicht aufgeben, was uns wichtig ist, nur damit es das Gegenüber bequem mit uns hat. Das wird eine Herausforderung die noch zu dem eigentlichen Besuch hinzukommt.


Wir brauchen einen Arzt der sich auch auf uns einlassen kann. Der weiß was im Notfall und in unserem ausdrücklichen Interesse zu tun ist, aber nicht hinter unserm Rücken entscheidet oder "für uns Handelt".

Das wir uns im Zweifel auf unsere Kosten auf einen Arzt einlassen können steht außer Frage, ist aber nicht das Ziel. Wir wollen uns gut aufgehoben fühlen und zwar gerade dann wenn es uns schlecht geht. Wenn wir schon "gute Mine zum bösen Spiel" machen müssen wenn nichts los ist, wird es garantiert nicht einfacher Hilfe einzufordern, wenn wirklich mal etwas los ist.


Das ist etwas was viele Menschen wahrscheinlich nicht wissen... Viele Menschen mit einer DIS haben eher das Problem, dass sie sich mit dem switchen zu gut an ihr Umfeld anpassen und nicht, dass sie total unangepasst hin und her switchen. Letzteres passiert auch, erfordert meistens aber starke Trigger, ohne dass die Situation wirklich traumatisch ist. Naja währe sie wirklich traumatisch, wäre das ja nicht unangepasst ;-).

Ersteres ist der "Normalzustand". Das Anpassen passiert aber immer auf unsere Kosten. Es macht uns sehr Anfällig dafür, dass andere Menschen ohne Hinderung unsere Grenzen überschreiten und wir die Situation nur noch aushalten, was uns oft erst im Nachhinein bewusst wird.


____________

Nachtrag


Jetzt am Abend danach ist der Körper immer noch am Zittern. Unsere Beine und Arme schlottern unkontrolliert wie so oft wenn wir psychisch angespannt sind, ohne dass ich das innerlich merke. Der Körper bringt es mir zum Ausdruck, ich muss nur hinsehen, wenn möglich auch hinfühlen.


Der Arztbesuch war wieder erwartend total angenehm. Der Arzt hat uns doch tatsächlich zugehört und uns mit der DIS auch ernst genommen. Ich konnte sehr locker sein im Gespräch, zumindest Geistig. Also wenn man den Körper ausklammert... Dieser Körper hat auch da schon sein eigenes Ding gemacht, hat gezittert wie nen Aal und geschwitzt wie ein Schwein. Der Körper hat natürlich mal wieder verraten, was ich nicht spüre und für alle anderen scheinbar offensichtlich ist. Wir stehen permanent unter Hochspannung und solche Termine sind nicht leicht für uns. Das muss ich uns eingestehen, auch wenn ich denke, dass ich solche Termine souverän meistern kann.... Die anderen sind irgendwie auch noch da....


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